Impresario der alten Schule
Zum Tod von Peter Wortmann
Zuletzt war Peter Wortmann Münchens „Mr. Swing“. Dem klassischen Jazz, der einmal der Pop seiner Zeit war, widmete er seine beachtlichen Energien; er vermittelte Bands und veranstaltete selbst, seit 2005 mit der großen Gala „München swingt“ (erst im Prinze, später im Gasteig) als Flaggschiff, für das er sogar seine eigene Bigband gegründet hatte, das Wine And Roses Swing Orchestra. Für die Swing-Fans war das immer ein „dufter Abend“, wie der 1936 zwar im Ruhrgebiet geborene, aber in Berlin aufgewachsene Wortmann gerne sagte. Ein aus der Mode gekommener Ausdruck, der zu dem immer sportlich-eleganten Wortmann passte, war er doch ein Mann der „alten Schule“, der bis zuletzt mit Computern und elektronischer Kommunikation auf Kriegsfuß stand und bisweilen hartnäckig auf seinen Charme im persönlichen Gespräch setzte.
Auch deshalb kannte er jeden, wirklich jeden, der in der vordigitalen Ära prominent oder wichtig war, und der Fundus seiner Anekdoten war unerschöpflich. Denn eigentlich war Wortmann ein Generalist. Dem Nachkriegsmuff war er zunächst zur See entkommen. Mit 16 heuerte er auf Segelyachten als Schiffsjunge an, einmal betreute er 14 Tage lang die seiner Erinnerung nach gar nicht so unnahbare Greta Garbo. Dann wurde er Matrose auf dem Schulschiff „Deutschland“ und danach bei der Handelsmarine. Auf Dauer freilich war die rein männliche Bordgesellschaft nichts für ihn. So ging er erst als Tanzeleve an die Folkwang-Schule nach Essen, dann 1955 nach München zur Ausbildung an der Bayerischen Staatslehranstalt für Fotografie. Dort drückte er tagsüber die Schulbank – wenn er nicht bereits erste Jobs bei der Bavaria übernahm -, nachts aber klemmte er sich in den damals noch zahlreichen Münchner Jazzclubs hinters Schlagzeug. Bis ins Heinz Schellerer Sextett schaffte er es, ein renommiertes Ensemble, das auch mal mit Stars wie Albert Mangelsdorff oder Hans Koller spielte. Im wilden Schwabing der späten Sechzigerjahre war auch er Jungfilmer, allerdings wohl der einzige, der das Negativ seines – mit dem Haus seiner Familie finanzierten – gefloppten Spielfilmdebüts eigenhändig in der Kiesgrube versenkte. Er hat dann viel fürs Fernsehen gearbeitet, wo er ganz klassisch die Karriereleiter heraufgestiegen war, vom Dolly-Fahrer und freien Mitarbeiter der Abendschau bis zum Aufnahmeleiter und Regisseur. So produzierte er fürs ZDF das „Quartett der Komiker“, drehte für den WDR Porträts von Mikis Theodorakis und Charlie Rivel, und für den BR alles Mögliche von der Iberl-Bühne bis zu „Lebenslinien“. Darunter sechs große Shows im Deutschen Theater, unter anderem mit Udo Jürgens, Margot Werner, Konstantin Wecker, Ludwig Hirsch, André Heller oder Paul Kuhn. Eine davon trug den Titel „Heiße Ware Swing“.
Der Jazz nämlich spielte bei Wortmann immer eine Hauptrolle. In den Siebzigern hatte er mit einem Kompagnon in der Georgenstraße sogar mal einen eigenen Club aufgemacht, das „Spectacle“. Größen wie Volker Kriegel, Joy Fleming, Fatty George, das Pasadena Roof Orchestra oder der gerade erst durchstartende Al Jarreau traten dort auf. Lange ging das freilich schon damals im teuren München nicht gut, mit dem Tegernseer „Jazz am See“ ins Leben, dem „Summertime Jazz Meeting“ in Unterföhring, der Unterschleißheimer Jazzreihe oder dem ersten Blues-Festival in Starnberg, zuletzt der historischen Revue „Charlie and his Orchestra“ wurden die Brötchen etwas kleiner. Zuletzt drückten den immer jugendlich wirkenden „Mann aus der Getränkezeit“, wie er gerne sagte, einige Alterswehwehchen. Trotzdem kam es völlig überraschend, dass Peter Wortmann bereits am Montag in seiner Wohnung im Lehel gestorben ist.
Oliver Hochkeppel
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